6 – fragmente – errol morris

Als dokumentarfilmer hast du kein script, und du ahnst nur selten was im nächsten moment passiert, darauf hat man keinen einfluss.
Selbst bei interviews kann man nur bedingt eingreifen, und die antworten die man bekommt sind ebenfalls seltenst diejenigen, welche man gerne hören würde.
Der plot, der rote faden entsteht erst im schnitt, dann wenn das ganze material vor einem liegt, es ist manchmal wie ein puzzelhaufen dieses in eine reihenfolge zu bringen welches sinn in bezug auf das thema macht.
Ich selber mag es, diese vielen puzzelstücke zu sichten und in eine ordnung zu bringen, ähnlich wie der suche nach der nadel im heuhaufen, ich mag das fragmentarische, vielleicht mag ich ja deswegen dokumentarfilm.

Nun muss ich natürlich einwenden, das auch dokumentarfilmer, wenn ein bestimmtes thema gefunden haben, sich ein script zusammenschreiben, welche aufnahmen sie brauchen um das thema einzuleiten, welche interviewpartner sie gerne hätten und zu was sie diese befragen, aber das bedeutet nicht das man das dann einfach abdrehen kann.
Oft, so geht es mir zumindest, wenden sich die gedanken bei weiterer recherge, kommt man auf andere schlüsse, man hat es einfach nicht unter kontrolle, und das finde ich reizvoll, zu suchen, sich der wahrheit anzunähern.

Vielleicht schreibe und arbeite ich ja daher auch fragmentarisch, oder ist es umgekehrt ?

Die letzten tage die ich mit einer erkältung zuhause verbrachte habe ich mich den arbeiten von errol morris wieder zugewandt.
zuerst habe ich mir ein interview zum sceening seiner interviews mit donald rumsfeld angesehen, welche recht aufschlussreich sind.
Der bezeichnenste satz, bzw frage war wohl folgende:
warum sind sie in ihrem film nie zu einer essenz, zu einem punkt gekommen ?
Antwort:
Vielleicht weil es bei ihm keine gibt.
Man kann sich als dokumentarfilmer nunmal keinen anderen verteidigungsminister aussuchen, wenn nur er da ist, selbst wenn es einem nicht schmeckt.

https://www.youtube.com/watch?v=8t3PjviOl_I

Daraufhin versuchte ich mir die schwierige dokumentation über abu graib namens standard-operating-procedure endlich einmal zuende anzusehen, doch ist mir es wieder einmal nicht gelungen da ich vom gezeigten viel zu angewiedert bin, seine dokumentation aber dennoch mehr als nur wertschätze.

https://www.youtube.com/watch?v=YooG1hrPNNg

warum mag man zurecht fragen.
Wie ich finde ist standard-operating-procedure ein film der gemacht werden musste, unbedingt, und so wie er gemacht wurde ist es am besten.
Wie ich finde ist errol morris dabei allzu konsequent vorgegangen; indem er ausschließlich personen zu wort kommen ließ, welche damals in abu graib dienst taten, das gefängniss im irak, welches neben guantanamo als symbol für folter von us-soldaten an gefangenen weltweit bekannt wurde.
Zudem benutzte er lediglich foto's, welche damals von us-soldaten geschossen wurden, um die zustände die dort herrschten darzustellen, komplett ohne verfremdung, ohne das nachstellen von scenen wie es inzwischen normal geworden ist.
Dadurch entsteht eine sehr beklemmende athmosphäre, denn man weiss das es echt ist.
Die frage die in diesem film im vordergrund steht ist, wie es zu solchen exessen kommen konnte, eine frage die mich schon sehr lange beschäftigt: Wie kann es sein, das normale menschen sich plötzlich sadistisch verhalten, jegliche menschlichkeit ihrem gegenüber absprechen, und sich an folterungen beteiligen.

Dieses werk ist eines der wenigen, die so eine frage mit beantworten können, daher hat es für mich einen so hohen wert, und daher empfinde ich die spätere dokumentation über donald rumsfeld ebenfalls als nur konsequent, auch wenn sie anders ausgefallen ist als zb fog-of-war über mc namara, wesentlich anklagender, mit viel hintergrundmaterial.

https://www.youtube.com/watch?v=c2q8wdxS-nY

morris kam im erstgenannten interview ebenfalls auf hannah ahrendt, in bezug auf ihren ausspruch auf die banalität des bösen.
Diese sehe ich nur bedingt in standard-operating-procedure, im gegenteil, die personen welche dort die möglichkeit hatten sich zu äussern, waren getriebene, und das ist nicht banal, auch wenn all ihre handlungen zu verurteilen sind.
Das wissen sie aber auch selber, weswegen es teils jahre brauchte, damit sie einwilligten vor der kamera auszusagen, mein dank an sie, nun habe ich ein weiteres fragment, und ein wenig mehr klarheit.

elektro-safari

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